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»Sesshaftigkeit ist das Ideal der Behältergesellschaft, während Mobilität als Ausnahme von der Regel gilt: ein irregulärer Status, der überwunden werden muss, um zum Normalfall zurückzukehren.«

Regina Römhild: Weltraum Frankfurt
In: Sven Bergmann & Regina Römhild: Global Heimat


Ein wichtiger Aspekt der Forschungen und theoretischen Auseinandersetzungen im Rahmen meiner Magisterarbeit war die Frage, wie Menschen, die einen Integrationskurs besuchen, diesen wahrnehmen. Welche Unterrichtsinhalte gefallen ihnen und welche Unterrichtsinhalte würden die Kursteilnehmenden gerne vermittelt bekommen, die über die Vermittlung der deutschen Sprache hinausreichen?

Unter anderem war es mein Ziel, auf diesem Weg herauszufinden, wie räumlich mobile Menschen an ihrem neuen Wohnort agieren und welche Aspekte ihnen dabei wichtig sind. In meinen Augen kann auf diese Weise zu einem Ansatz von Integration gelangt werden, der den Menschen als handelndes Individuum begreift, welches innerhalb seines Alltags bestimmte Ziele erreichen möchte. Mit einem Erreichen persönlicher Zielsetzungen geht einher, dass ein Mensch einen emotionalen Bezug zu seiner Umwelt aufbauen kann. Diese Zusammenhänge innerhalb von Integrationsangeboten zu berücksichtigen, stellt meiner Meinung nach einen wesentlich nachhaltigeren Ansatz dar, als es ein Ansatz ist, der Integration in Form bestimmter Integrationsforderungen einfordert und eine Nicht-Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen durch Sanktionen bestraft.

Bei der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen Identität und Migration arbeite ich heraus, dass es meiner Auffassung nach viele Probleme birgt, Phänomene der Migration und Integration über den Begriff "kulturelle Identität" zu reflektieren. Es entseht hierbei aufgrund des wenig fassbaren und schwer zu definierenden Kulturbegriffs vor allem eine ungerechtfertigte Legitimation von Integration. Deshalb schlage ich vor, Integration im wesentlichen über die alltagsweltliche Orientierung einer Person zu reflektieren und integrative Angebote auf Grundlage von Hilfestellungen zur persönlichen Zielverwirklichung räumlich mobiler Menschen zu initiieren. Für eine differenzierte Betrachtung alltagsweltlicher Orientierung entwickelte ich ein Modell, welches alltagsweltliche Orientierung in ihre Bestandteile auffächert. Diesen Bestandteilen liegen jeweilige Fähigkeiten zugrunde, die es einem Menschen ermöglichen, seine persönlichen Ziele zu verwirklichen. Auf Grundlage dessen ist es dieser Person möglich, zu einer ausgeprägten und satisfaktionierenden alltagsweltlichen Orientierung zu gelangen, was die Entsprechung von gelungener Integration darstellt.

Wenn integrative Angebote für räumlich mobile Menschen über Aspekte der alltagsweltlichen Orientierung eines Menschen reflektiert werden, kann darüber die emotionale Ebene des Menschen in den Integrationsprozess aufgenommen werden. So kann eine Person eine wesentlich stärkere Verortung zu ihrem neuen Wohnort aufbauen, wodurch sich Integration umfassender und nachhaltiger gestaltet.

Gesellschaftliche Debatten dürfen nicht weiter durch nationalstaatliches Containerdenken geprägt sein und von zugewanderten Menschen Anpassung fordern. In der heutigen Zeit bilden nationale Grenzen keine Barrieren mehr. Neben Waren gelangen auch Informationen sowie Menschen über Landesgrenzen hinweg. Migration und Integration sind keine sonderbaren Dinge, von denen nur wenige betroffen sind. Auch sesshafte Menschen leben in einem Alltag, der wesentlich von räumlicher Mobilität durchwoben ist. Dabei weisen auch sie persönliche Bezüge auf, die sich wesentlich auf räumliche Mobilität beziehen. Sei es durch Kontakte zu räumlich mobilen Menschen oder in ihrem Umgang mit dem Internet oder sonstigen weltumspannenden Medien. Dadurch können sich Bezüge innerhalb ihrer persönlichen Identität etablieren, die Verbindungen zu anderen kulturellen Referenzsystemen aufweisen: beispielsweise durch eine Vorliebe für französische Kurzfilme oder Gerichte der asiatischen Küche. Über diese Vorlieben werden auch kulturelle Aspekte auf Bedeutungsebene transferiert, die bestimmte Einstellungen bzw. Werte beinhalten und von einem Menschen mit seinen bereits bestehenden Werten und Normen verwoben werden. Gerade auf persönlicher alltagsweltlicher Ebene weisen kulturelle Referenzsysteme keine undurchlässigen Grenzen auf - im Gegenteil: ein Mensch bezieht sich sehr oft auf mehrere kulturelle Referenzsysteme. Dieser Aspekt steht in keinem Widerspruch dazu, wenn sich der gleiche Mensch zu einer bestimmten Kultur dazugehörig fühlt.



Sie haben die Möglichkeit, sich die Magisterarbeit Perspektiven der Orientierung - Ein Integrationskurs aus der Sicht seiner Teilnehmenden und den dazugehörenden Datenband herunter zu laden: http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2007/4724/

Auch besteht die Möglichkeit, innerhalb der Arbeit nach einem bestimmten Wort zu suchen:

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Über eine zusätzliche Rücksprache mit mir würde ich mich sehr freuen.



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